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Im Interview mit Thomas Jorberg

1. Oktober 2025

„Ein einmaliges Modell"

Was macht das Genossenschaftsmodell so besonders – und warum ist es gerade für die Energiewende unverzichtbar? Darüber haben wir mit Thomas Jorberg gesprochen. Der langjährige Vorstandssprecher der GLS Bank und heutige Aufsichtsratschef der EWS kennt den genossenschaftlichen Gedanken wie kaum ein anderer. Im Interview erklärt er, welche Chancen Bürgerbeteiligung für die Erneuerbaren geschaffen hat, warum Kooperationen entscheidend für die Zukunft sind – und wie Energiegenossenschaften dazu beitragen können, Ökostrom bezahlbar, sicher und gesellschaftlich relevant zu machen.

Käthe & Paul: Herr Jorberg, was ist Ihr persönlicher Bezug zu Energiegenossenschaften?

Thomas Jorberg: Ich bin beruflich mit der genossenschaftlichen GLS Bank groß geworden. Der Genossenschaftsgedanke ist grundsätzlich mit einem Förderauftrag verbunden. Dazu gehört, dass man Geld so investiert, wie es den Förderzielen entspricht. Nach dem Reaktorunfall in Tschernobyl war das für viele – übrigens auch für die Gründer von Prokon – eine sichere und saubere Energieversorgung. Die GLS Bank engagiert sich seit Anfang der 1990er-Jahre auf diesem Gebiet.

K & P: Was ist das Besondere am Genossenschaftsmodell?

Jorberg: Die Genossenschaft ist die einzige wirtschaftliche Organisationsform, bei der man als Anteilseigner bei einem Ausstieg nicht das Potenzial mitnimmt. Es gibt zwar zwischendurch eine Dividende und am Ende die Einlage zurück, aber der Zukunftswert bleibt im genossenschaftlichen Unternehmen. Das heißt: Die Genossenschaft gehört den Mitgliedern, dient aber eigentlich dem definierten Förderzweck.

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    K & P: Sie sind Aufsichtsratschef bei der EWS, die seinerzeit als Bürgerbewegung gestartet ist. Warum war das wichtig?

    Jorberg: Die Bürgerbeteiligung war die Grundvoraussetzung für den Aufstieg der Erneuerbaren Energien aus Sonne und Wind. Denn die großen fossil orientierten Energiekonzerne hatten kein Interesse daran und haben das auch nicht ernst genommen. Da mussten wir über Bürgerengagement zeigen, dass Regenerative Energien eine Alternative sind – heute wissen wir: die einzig sinnvolle überhaupt. Prokon ist mit dem Engagement seiner Mitglieder auch ein Beispiel dafür.

    K & P: In letzter Zeit verspürt die Branche Gegenwind – politisch, aber auch gesellschaftlich. Wie bewerten Sie das?

    Jorberg:
    Wir hatten eine Zeit lang viel Rückenwind – durchs EEG, durch verbesserte Rahmenbedingungen. Das hat sich gedreht. Ich sehe für uns vor allem zwei Baustellen: Die Erneuerbaren müssen beweisen, dass sie Versorgungssicherheit gewährleisten können. Und die Preise sollten so sein, dass sich jeder grünen Strom leisten kann. Dann kommt das Thema in der Breite der Gesellschaft an. Der Energiesektor hat zu lange an zentralen Strukturen festgehalten. Damit die Erneuerbaren zuverlässig und günstig werden, brauchen wir die Vernetzung der unterschiedlichen Erzeugungsquellen – inklusive Wasserkraft und Biomasse – und dezentrale Speicher sowie eine intelligente Steuerung des Verbrauchs

    Thomas Jorberg
    Thomas Jorberg

    „Durch Größenvorteile im Rahmen eines Verbundes können Energiegenossenschaften zeigen, dass Ökostrom im Direktbezug auch für Durchschnittsverdiener bezahlbar ist.“

    Thomas Jorberg, Aufsichtsratschef der EWS und Verwaltungsratspräsident der Weleda AG

    K & P: Dauert das nicht viel zu lange?

    Jorberg:
    Das ist im Wesentlichen ein Infrastrukturproblem, der Rohstoff Wind und Sonne ist ja da, er muss nur umgewandelt, transportiert und gesteuert werden. Da geht es um Investitionen, nicht um dauerhafte Kosten. Wir hatten in den letzten 20 Jahren auf diesem Gebiet eine so rapide technologische Entwicklung – ich bin überzeugt, dass es schneller geht und günstiger werden kann, als viele behaupten.

    K & P: Aber das muss jemand bezahlen – und Ökostrom können sich schon jetzt nicht alle leisten.

    Jorberg: Das liegt an der Segmentierung. Angefangen bei den Grundstückseigentümern bis zum Vermarktungsunternehmen herrscht da mitunter Goldgräberstimmung: Alle wollen an jeder Stelle möglichst viel mitverdienen – das macht das System teuer, und am Ende landet alles im Strompreis.

    K & P: Wie lässt sich das lösen?

    Jorberg:
    Der genossenschaftliche Förderauftrag müsste sich auf die ganze Wertschöpfungskette beziehen, von der Projektierung über den Bau und den Betrieb bis zur direkten Vermarktung an die Kunden. Mir schwebt eine übergreifende Zusammenarbeit der Energiegenossenschaften vor, in die alle ihre jeweiligen Stärken einbringen. Eine solche „Assoziative Energiegenossenschaft“ hätte die nötige gesellschaftliche und wirtschaftliche Relevanz und könnte durch Kostenvorteile zeigen, dass Ökostrom im Direktbezug auch für Durchschnittsverdiener bezahlbar ist. Wenn sich die Player in einem Kooperationsverbund zusammentun, sind wir schnell bei einer Million Stromkunden. Das macht die Sache auch für Geldgeber interessant. So könnten Energiegenossenschaften zu einer echten Referenz werden – sicher, klimaschonend, friedlich und bezahlbar. Letztlich ist das auch ein Friedensprojekt, denn energiepolitische Resilienz verhindert Konflikte um die Sicherung von Ressourcen.

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      Über Thomas Jorberg

      Thomas Jorberg, Jahrgang 1957, war von 1986 bis Ende 2022 bei der GLS Bank, zuletzt 20 Jahre lang als Vorstandssprecher. Ausgezeichnet als „European Banker of the Year 2021“. Der Diplom-Ökonom ist seit 2005 Aufsichtsratschef der EWS in Schönau und seit 2021 Verwaltungsratspräsident der Weleda AG. Jorberg hat beim Prokon Jubiläum die Keynote gehalten.

      Schau dir die Rede von Thomas Jorberg auf unserem Jubiläumsempfang in Itzehoe an, ab Minute 30 geht es los!

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